Der Sopran ist der süße Zuckerguss über dem ganzen Tongebilde. Schwindlige Höhen, strahlender Glanz, absolut stimmsicher und dazu stets ein Lächeln auf den Lippen. Was will man mehr?
Wir normal sterbliche Chorsänger können nur entzückt aufschauen und wunschlos glücklich sterben angesichts der versammelten Muse, aber unser Chorleiter hat noch immer nicht genug! Weiter und höher strapaziert er die Damen im Sopran, sodass hin und wieder auch einmal eine goscherte Meldung zurück kommt. Vielleicht ist dies die eigentliche Natur der hohen Frauenstimme? Sie singt herrlich, aber sie weiß es auch und lässt es uns wissen. So geben wir Männer uns grundsätzlich nur in Bescheidenheit und gerade wie bei den Alt-Sängerinnen hoffen wir, dass wir als Chor den hohen Ansprüchen des Soprans gerecht werden und sie uns möglichst lange treu bleiben!
Leidenschaft und Stimmgewalt, das steht für der Gothen‘ Alt. Na ja, die Stimmgewalt muss bei einigen Damen vielleicht noch etwas trainiert werden, wird aber unweigerlich besser mit jeder Probe und jedem Auftritt!
Die Leidenschaft hingegen ist außer Frage zu stellen. Jedenfalls brauchen Sängerinnen im Alt gute Nerven, weil hinten ihnen sitzt der Bass, der seinen Einsatz in Pianostellen(!) mit 250 Dezibel und einer tonmäßigen Schwankungsbreite von +/- 100 Herz zu geben pflegt. Ein strenger Blick nach hinten und Kopfschütteln soll da schon geholfen haben. Doch letztlich ist es eine gute Übung für die Damen, sich gegenüber den vorlauten Männern durchzusetzen, was auch im Leben außerhalb des Gothenchors nützlich sein soll. Sollte also jemals die Klage ertönen „Ich singe im Gothenchor, bitte holt mich hier raus“ so kommt sie am ehesten von einer Altsängerin. Doch wir werden sie nicht erhören, sondern mit dem uns Gothen angeborenen Liebreiz besingen und bezirzen, doch bitte, bitte, bitte, weiter singen zu kommen!
Damen in der Gothia spielen – im Gegensatz zu Korporationen anderen Zuschnitts – seit jeher nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine wichtige musische Rolle.
Der Akademische Gesangverein (AGV) von 1863 war naturgemäß ein reiner Männerchor, denn Frauen hatten in Österreich erst ab 1897 das Recht zu studieren.
Bei den ersten Aufführungen gemischtchöriger Werke behalf sich der AGV daher mit der Mitwirkung von Knabenchören. In weiterer Folge lud der AGV Frauen und Mädchen aus hiesigen Gesellschaftskreisen der Stadt Graz zur Mitwirkung ein. Im Jahresbericht über das 14. bis 17. Vereinsjahr wird erstmals dem stes bereitwilligen und unermüdlichen Damenchore, der sich mit allen Mühen und Anstrengungen, wie sie die Aufführungen großer Musikwerke mit sich bringen, in der opferwilligsten Weise unterzog und so es dem Vereine überhaupt möglich machte, an die Aufführung derartiger Werke zu schreiten, der tiefgefühlteste Dank ausgesprochen.
Seit dieser Zeit bildet der gemischte Chor das Hauptensemble der Gothia, das mit vielen Uraufführungen, österreichischen und Grazer Erstaufführungen vor allem in der Vor- und Zwischenkriegszeit zu einer nicht mehr wegzudenkenden Kulturinstitution der Stadt Graz geworden ist.
Heute setzt sich der gemischte Chor im langjährigen Mittel aus etwa 20 Herren und 15 Damen zusammen (wahrscheinlich der einzige Chor in der Steiermark mit einem Männerüberschuss!) und stellt sich nach wie vor immer wieder der Herausforderung großer Werke.
O du schöner Rosengarten
Volkslied aus Lothringen im Satz unseres Ehrenchormeisters Viktor Zack. Aufgenommen im Rahmen des Stiftungsfestkonzertes 2012 unter der Leitung von Herbert Kroneis.
Ich liebe dich
Madrigal von Orlando di Lasso (1532-1594). Stiftungfestkonzert 2012, Herbert Kroneis.
Gernhobm tuat guat
Kärntnerlied von Heidi Preissegger. Stiftungsfestkonzert 2012, Herbert Kroneis.